Hogwarts HP Harry Potter
Hogwarts
Lebe in der Zauberwelt!

HP Leseproben

Hier werden die Leseproben zu den HP-Büchern kommen:

Harry Potter und der Stein der Weisen:

Ein Junge überlebt

Mr. und Mrs. Dursley im Ligusterweg Nummer 4 waren stolz darauf, ganz und gar normal zu sein, sehr stolz sogar. Niemand wäre auf die Idee gekommen, sie könnten sich in eine merkwürdige und geheimnisvolle Geschichte verstricken, denn mit solchem Unsinn wollten sie nichts zu tun haben.

Mr. Dursley war Direktor einer Firma namens Grunnings, die Bohrmaschinen herstellte. Er war groß und bullig und hatte fast keinen Hals, dafür aber einen sehr großen Schnurrbart. Mrs. Dursley war dünn und blond und besaß doppelt so viel Hals, wie notwendig gewesen wäre, was allerdings sehr nützlich war, denn so konnte sie den Hals über den Gartenzaun recken und zu den Nachbarn hinüberspähen. Die Dursleys hatten einen kleinen Sohn namens Dudley und in ihren Augen gab es nirgendwo einen prächtigeren Jungen.

Die Dursleys besaßen alles, was sie wollten, doch sie hatten auch ein Geheimnis, und dass es jemand aufdecken könnte, war ihre größte Sorge. Einfach unerträglich wäre es, wenn die Sache mit den Potters herauskommen würde. Mrs. Potter war die Schwester von Mrs. Dursley; doch die beiden hatten sich schon seit etlichen Jahren nicht mehr gesehen. Mrs. Dursley behauptete sogar, dass sie gar keine Schwester hätte, denn diese und deren Nichtsnutz von einem Mann waren so undursleyhaft, wie man es sich nur denken konnte. Was würden bloß die Nachbarn sagen, sollten die Potters eines Tages in ihrer Straße aufkreuzen? Die Dursleys wussten, dass auch die Potters einen kleinen Sohn hatten, doch den hatten sie nie gesehen. Auch dieser Junge war ein guter Grund, sich von den Potters fernzuhalten; mit einem solchen Kind sollte ihr Dudley nicht in Berührung kommen.

Als Mr. und Mrs. Dursley an dem trüben und grauen Dienstag, an dem unsere Geschichte beginnt, die Augen aufschlugen, war an dem wolkenverhangenen Himmel draußen kein Vorzeichen der merkwürdigen und geheimnisvollen Dinge zu erkennen, die bald überall im Land geschehen sollten. Mr. Dursley summte vor sich hin und suchte sich für die Arbeit seine langweiligste Krawatte aus, und Mrs. Dursley schwatzte munter vor sich hin, während sie mit dem schreienden Dudley rangelte und ihn in seinen Hochstuhl zwängte.

Keiner von ihnen sah den riesigen Waldkauz am Fenster vorbeifliegen.

Um halb neun griff Mr. Dursley nach der Aktentasche, gab seiner Frau einen Schmatz auf die Wange und versuchte es auch bei Dudley mit einem Abschiedskuss. Der ging jedoch daneben, weil Dudley gerade einen Wutanfall hatte und die Wände mit seinem Haferbrei bewarf. »Kleiner Schlingel«, gluckste Mr. Dursley, während er nach draußen ging. Er setzte sich in den Wagen und fuhr rückwärts die Einfahrt zu Nummer 4 hinaus.

An der Straßenecke fiel ihm zum ersten Mal etwas Merkwürdiges auf - eine Katze, die eine Straßenkarte studierte. Einen Moment war Mr. Dursley nicht klar, was er gesehen hatte - dann wandte er rasch den Kopf zurück, um noch einmal hinzuschauen. An der Einbiegung zum Ligusterweg stand eine getigerte Katze, aber eine Straßenkarte war nicht zu sehen. Woran er nur wieder gedacht hatte! Das musste eine Sinnestäuschung gewesen sein. Mr. Dursley blinzelte und starrte die Katze an. Die Katze starrte zurück. Während Mr. Dursley um die Ecke bog und die Straße entlangfuhr, beobachtete er die Katze im Rückspiegel. Jetzt las sie das Schild mit dem Namen Ligusterweg - nein, sie blickte auf das Schild. Katzen konnten weder Karten noch Schilder lesen. Mr. Dursley gab sich einen kleinen Ruck und verjagte die Katze aus seinen Gedanken. Während er in Richtung Stadt fuhr, hatte er nur noch den großen Auftrag für Bohrmaschinen im Sinn, der heute hoffentlich eintreffen würde.

Doch am Stadtrand wurden die Bohrmaschinen von etwas anderem aus seinen Gedanken verdrängt. Er saß im üblichen morgendlichen Stau fest und konnte nicht umhin zu bemerken, dass offenbar eine Menge seltsam gekleideter Menschen unterwegs waren. Menschen in langen und weiten Umhängen. Mr. Dursley konnte Leute nicht ausstehen, die sich komisch anzogen - wie sich die jungen Leute herausputzten! Das musste wohl irgendeine dumme neue Mode sein. Er trommelte mit den Fingern auf das Lenkrad und sein Blick fiel auf eine Ansammlung dieser merkwürdigen Gestalten nicht weit von ihm. Ganz aufgeregt flüsterten sie miteinander. Erzürnt stellte Mr. Dursley fest, dass einige von ihnen überhaupt nicht jung waren; nanu, dieser Mann dort musste älter sein als er und trug einen smaragdgrünen Umhang! Der hatte vielleicht Nerven! Doch dann fiel Mr. Dursley plötzlich ein, dass dies wohl eine verrückte Verkleidung sein musste - die Leute sammelten offenbar für irgendetwas ja, so musste es sein. Die Autoschlange bewegte sich, und ein paar Minuten später fuhr Mr. Dursley auf den Parkplatz seiner Firma, die Gedanken wieder bei den Bohrern.

In seinem Büro im neunten Stock saß Mr. Dursley immer mit dem Rücken zum Fenster. Andernfalls wäre es ihm an diesem Morgen schwer gefallen, sich auf die Bohrer zu konzentrieren. Er bemerkte die Eulen nicht, die am helllichten Tage vorbeischossen, wohl aber die Leute unten auf der Straße; sie deuteten in die Lüfte und verfolgten mit offenen Mündern, wie eine Eule nach der andern über ihre Köpfe hinwegflog. Die meisten von ihnen hatten überhaupt noch nie eine gesehen, nicht einmal nachts. Mr. Dursley jedoch verbrachte einen ganz gewöhnlichen, eulenfreien Morgen. Er machte fünf verschiedene Leute zur Schnecke. Er führte mehrere wichtige Telefongespräche und schrie dabei noch ein wenig lauter. Bis zur Mittagspause war er glänzender Laune und wollte sich nun ein wenig die Beine vertreten und beim Bäcker über der Straße einen Krapfen holen.

Die Leute in der merkwürdigen Aufmachung hatte er schon längst vergessen, doch nun, auf dem Weg zum Bäcker, begegnete er einigen dieser Gestalten. Im Vorbeigehen warf er ihnen zornige Blicke zu. Er wusste nicht, warum, aber sie bereiteten ihm Unbehagen. Auch dieses Pack hier tuschelte ganz aufgeregt, und eine Sammelbüchse war nirgends zu sehen. Auf dem Weg zurück vom Bäcker, eine Tüte mit einem großen Schokoladenkringel in der Hand, schnappte er ein paar Worte von ihnen auf.

»Die Potters, das stimmt, das hab ich gehört -«

»- ja, ihr Sohn, Harry -«

Mr. Dursley blieb wie angewurzelt stehen. Angst überkam ihn. Er wandte sich nach den Flüsterern um, als ob er ihnen etwas sagen wollte, besann sich dann aber eines Besseren.

Hastig überquerte er die Straße, stürmte hoch ins Büro, fauchte seine Sekretärin an, er wolle nicht gestört werden, griff nach dem Telefon und hatte schon fast die Nummer von daheim gewählt, als er es sich anders überlegte. Er legte den Hörer auf die Gabel und strich sich über den Schnurrbart. Nein, dachte er, ich bin dumm. Potter war kein besonders ungewöhnlicher Name. Sicher gab es eine Menge Leute, die Potter hießen und einen Sohn namens Harry hatten. Nun, da er darüber nachdachte, war er sich nicht einmal mehr sicher, ob sein Neffe wirklich Harry hieß. Er hatte den Jungen noch nicht einmal gesehen. Er konnte auch Harvey heißen. Es hatte keinen Sinn, Mrs. Dursley zu beunruhigen, sie geriet immer so außer sich, wenn man ihre Schwester auch nur erwähnte. Er machte ihr deswegen keinen Vorwurf - wenn er eine solche Schwester hätte.

Und dennoch, diese Leute in den Umhängen.

An diesem Nachmittag fiel es ihm um einiges schwerer, seine Gedanken auf die Bohrer zu richten, und als er das Büro um fünf Uhr verließ, war er immer noch so voller Sorge, dass er beim ersten Schritt nach draußen gleich mit jemandem zusammenprallte.

»Verzeihung«, grummelte er, als der kleine alte Mann ins Stolpern kam und beinahe hinfiel. Erst nach ein paar Sekunden bemerkte Mr. Dursley, dass der Mann einen violetten Umhang trug. Dass er ihn fast umgestoßen hatte, schien ihn gar nicht weiter zu ärgern. Im Gegenteil, auf seinem Gesicht öffnete sich ein breites Lächeln, und die Leute, die vorbeigingen, blickten auf, als er mit piepsiger Stimme sagte: »Heute verzeih ich alles, mein lieber Herr, heute kann mich nichts aus der Bahn werfen! Freuen wir uns, denn Du-weißt-schon-wer ist endlich von uns gegangen! Selbst Muggel wie Sie sollten diesen freudigen, freudigen Tag feiern!«

Und der alte Mann umarmte Mr. Dursley ungefähr in Bauchhöhe und ging von dannen.

Mr. Dursley stand da wie angewurzelt. Ein völlig Fremder hatte ihn umarmt. Auch hatte er ihn wohl einen Muggel genannt, was immer das sein mochte. Völlig durcheinander eilte er zu seinem Wagen und fuhr nach Hause. Er hoffte, sich diese Dinge nur einzubilden, und das war neu für ihn, denn von Einbildungskraft hielt er normalerweise gar nichts. Als er in die Auffahrt von Nummer 4 einbog, fiel sein Blick als Erstes - und das besserte seine Laune nicht gerade - auf die getigerte Katze, die er am Morgen schon gesehen hatte. Sie saß jetzt auf seiner Gartenmauer. Gewiss war es dieselbe Katze; sie hatte dasselbe Muster um die Augen.

»Schhhh!«, zischte Mr. Dursley laut.

Die Katze regte sich nicht. Sie blickte ihn nur aus ernsten Augen an. War so etwas denn normal für Katzen, fragte sich Mr. Dursley. Er versuchte sich zusammenzureißen und öffnete die Haustür. Immer noch war er entschlossen, nichts von alledem seiner Frau zu sagen.

Mrs. Dursley hatte einen netten, gewöhnlichen Tag hinter sich. Beim Abendessen erzählte sie ihm alles über Frau Nachbarins Probleme mit deren Tochter und dass Dudley ein neues Wort gelernt hatte (»pfui«). Mr. Dursley versuchte sich ganz wie immer zu geben. Er brachte Dudley zu Bett und ging dann ins Wohnzimmer, wo er sich das Neueste in den Abendnachrichten ansah.

»Und hier noch eine Meldung. Wie die Vogelkundler im ganzen Land berichten, haben sich unsere Eulen heute sehr ungewöhnlich verhalten. Obwohl Eulen normalerweise nachts jagen und tagsüber kaum gesichtet werden, wurden diese Vögel seit Sonnenaufgang hunderte Male beobachtet, wie sie kreuz und quer über das Land hinwegflogen. Die Fachleute können sich nicht erklären, warum die Eulen plötzlich ihre Gewohnheiten geändert haben.« Der Nachrichtensprecher erlaubte sich ein Grinsen. »Sehr mysteriös. Und nun zu Jim McGuffin mit dem Wetter. Sind heute Abend noch weitere Eulenschauer zu erwarten, Jim?«

»Nun, Ted«, meinte der Wetteransager, »das kann ich nicht sagen, aber es sind nicht nur die Eulen, die sich heute seltsam verhalten haben. Zuschauer aus so entfernten Gegenden wie Kent, Yorkshire und Dundee haben mich heute angerufen und berichtet, dass anstelle des Regens, den ich gestern versprochen hatte, ganze Schauer von Sternschnuppen niedergegangen sind! Vielleicht haben die Leute zu früh Silvester gefeiert - das ist noch eine Weile hin, meine Damen und Herren! Aber ich kann Ihnen für heute eine regnerische Nacht versprechen.«

Mr. Dursley saß starr wie ein Eiszapfen in seinem Sessel. Sternschnuppen über ganz Großbritannien? Eulen, die bei Tage flogen? Allerorten geheimnisvolle Leute in sonderbarer Kleidung? Und ein Tuscheln, ein Tuscheln über die Potters

Mrs. Dursley kam mit zwei Tassen Tee ins Wohnzimmer. Es hatte keinen Zweck. Er musste ihr etwas sagen. Nervös räusperte er sich. »Ahm - Petunia, Liebes - du hast in letzter Zeit nichts von deiner Schwester gehört, oder?« Wie er befürchtet hatte, blickte ihn Mrs. Dursley entsetzt und wütend an. Schließlich taten sie für gewöhnlich so, als hätte sie keine Schwester.

»Nein«, sagte sie scharf. »Warum?«

»Komisches Zeug in den Nachrichten«, murmelte Mr. Dursley. »Eulen Sternschnuppen und heute waren eine Menge komisch aussehender Leute in der Stadt «

»Und?«, fuhr ihn Mrs. Dursley an. »Nun, ich dachte nur vielleicht hat es etwas zu tun mit du weißt ihrem Klüngel.«

Mrs. Dursley nippte mit geschürzten Lippen an ihrem Tee. Konnte er es wagen, ihr zu sagen, dass er den Namen »Potter« gehört hatte? Nein, das konnte er nicht. Stattdessen bemerkte er so beiläufig, wie er nur konnte:

»Ihr Sohn - er wäre ungefähr in Dudleys Alter, oder?«
»Ich nehme an«, sagte Mrs. Dursley steif.

»Wie war noch mal sein Name? Howard, nicht wahr?«

»Harry. Ein hässlicher, gewöhnlicher Name, wenn du mich fragst.«

»O ja«, sagte Mr. Dursley, und das Herz rutschte ihm in die Hose. »Ja, da bin ich ganz deiner Meinung.«

Bis es Zeit zum Schlafen war und sie nach oben gingen, verlor er kein Wort mehr darüber. Während Mrs. Dursley im Bad war, schlich sich Mr. Dursley zum Schlafzimmerfenster und spähte hinunter in den Vorgarten. Die Katze war immer noch da. Sie starrte auf den Ligusterweg, als ob sie auf etwas wartete.

Bildete er sich das alles nur ein? Konnte all dies etwas mit den Potters zu tun haben? Wenn es so war und wenn herauskäme, dass sie verwandt waren mit einem Paar von - nein, das würde er einfach nicht ertragen können.

Die Dursleys gingen zu Bett. Mrs. Dursley schlief rasch ein, doch Mr. Dursley lag wach und wälzte alles noch einmal im Kopf hin und her. Bevor er einschlief, kam ihm ein letzter, tröstender Gedanke. Selbst wenn die Potters wirklich mit dieser Geschichte zu tun hatten, gab es keinen Grund, warum sie bei ihm und Mrs. Dursley auftauchen sollten. Die Potters wussten sehr wohl, was er und Petunia von ihnen und ihresgleichen hielten Er konnte sich nicht denken, wie er und Petunia in irgendetwas hineingeraten sollten, was dort draußen vor sich ging - er gähnte und drehte sich auf die Seite -, damit würden er und seine Frau jedenfalls nichts zu tun haben

Wie sehr er sich täuschte.

Mr. Dursley mochte in einen unruhigen Schlaf hinübergeglitten sein, doch die Katze draußen auf der Mauer zeigte keine Spur von Müdigkeit. Sie saß noch immer da wie eine Statue, die Augen ohne zu blinzeln auf die weiter entfernte Ecke des Ligusterwegs gerichtet. Kein Härchen regte sich, als eine Straße weiter eine Autotür zugeknallt wurde oder als zwei Eulen über ihren Kopf hinwegschwirrten. In der Tat war es fast Mitternacht, als die Katze sich zum ersten Mal rührte.

An der Ecke, die sie beobachtet hatte, erschien ein Mann, so jäh und lautlos, als wäre er geradewegs aus dem Boden gewachsen. Der Schwanz der Katze zuckte und ihre Augen verengten sich zu Schlitzen.

Einen Mann wie diesen hatte man im Ligusterweg noch nie gesehen. Er war groß, dünn und sehr alt, jedenfalls der silbernen Farbe seines Haares und Bartes nach zu schließen, die beide so lang waren, dass sie in seinem Gürtel steckten. Er trug eine lange Robe, einen purpurroten Umhang, der den Boden streifte, und Schnallenstiefel mit hohen Hacken. Seine blauen Augen leuchteten funkelnd hinter den halbmondförmigen Brillengläsern hervor, und seine Nase war sehr lang und krumm, als ob sie mindestens zweimal gebrochen wäre. Der Name dieses Mannes war Albus Dumbledore.

Albus Dumbledore schien nicht zu bemerken, dass er soeben in einer Straße aufgetaucht war, in der alles an ihm, von seinem Namen bis zu seinen Stiefeln, keineswegs willkommen war. Gedankenverloren durchstöberte er die Taschen seines Umhangs. Doch offenbar bemerkte er, dass er beobachtet wurde, denn plötzlich sah er zu der Katze hinüber, die ihn vom andern Ende der Straße her immer noch anstarrte. Aus irgendeinem Grunde schien ihn der Anblick der Katze zu belustigen. Er gluckste vergnügt und murmelte: »Ich hätte es wissen müssen.«

In seiner Innentasche hatte er gefunden, wonach er suchte. Es sah aus wie ein silbernes Feuerzeug. Er ließ den Deckel aufschnappen, hielt es hoch in die Luft und ließ es knipsen. Mit einem leisen »Plop« ging eine Straßenlaterne in der Nähe aus. Er knipste noch mal - und die nächste Laterne flackerte und erlosch. Zwölfmal knipste er mit dem Ausmacher, bis die einzigen Lichter, die in der ganzen Straße noch zu sehen waren, zwei kleine Stecknadelköpfe in der Ferne waren, und das waren die Augen der Katze, die ihn beobachtete. Niemand, der jetzt aus dem Fenster geschaut hätte, auch nicht die scharfäugige Mrs. Dursley, hätte nun irgendetwas von dem mitbekommen, was unten auf dem Bürgersteig geschah. Dumbledore ließ den Ausmacher in die Umhangtasche gleiten und machte sich auf den Weg die Straße entlang zu Nummer 4, wo er sich auf die Mauer neben die Katze setzte. Er sah sie nicht an, doch nach einer Weile sprach er mit ihr.

»Was für eine Überraschung, Sie hier zu sehen, Professor McGonagall.«

Mit einem Lächeln wandte er sich zur Seite, doch die Tigerkatze war verschwunden. Statt ihrer lächelte er einer ziemlich ernst dreinblickenden Frau mit Brille zu, deren Gläser quadratisch waren wie das Muster um die Augen der Katze. Auch sie trug einen Umhang, einen smaragdgrünen. Ihr schwarzes Haar war zu einem festen Knoten zusammengebunden. Sie sah recht verwirrt aus.

»Woher wussten Sie, dass ich es war?«, fragte sie.

»Mein lieber Professor, ich habe noch nie eine Katze so steif dasitzen sehen.«

»Sie wären auch steif, wenn Sie den ganzen Tag auf einer Backsteinmauer gesessen hätten«, sagte Professor McGonagall.

»Den ganzen Tag? Wo Sie doch hätten feiern können? Ich muss auf dem Weg an mindestens einem Dutzend Feste und Partys vorbeigekommen sein.«

Verärgert schnaubte Professor McGonagall durch die Nase.

»O ja, alle Welt feiert, sehr schön«, sagte sie ungeduldig. »Man sollte meinen, sie könnten ein bisschen vorsichtiger sein, aber nein - selbst die Muggel haben bemerkt, dass etwas los ist. Sie haben es in ihren Nachrichten gebracht.« Mit einem Kopfrucken deutete sie auf das dunkle Wohnzimmerfenster der Dursleys. »Ich habe es gehört. Ganze Schwärme von Eulen Sternschnuppen Nun, ganz dumm sind sie auch wieder nicht. Sie mussten einfach irgendetwas bemerken. Sternschnuppen unten in Kent - ich wette, das war Dädalus Diggel. Der war noch nie besonders vernünftig.«

»Sie können ihnen keinen Vorwurf machen«, sagte Dumbledore sanft. »Elf Jahre lang haben wir herzlich wenig zu feiern gehabt.«

»Das weiß ich«, sagte Professor McGonagall gereizt. »Aber das ist kein Grund, den Kopf zu verlieren. Die Leute sind einfach unvorsichtig, wenn sie sich am helllichten Tage draußen auf den Straßen herumtreiben und Gerüchte zum Besten geben. Wenigstens könnten sie Muggelsachen anziehen.«

Dabei wandte sie sich mit scharfem Blick Dumbledore zu, als hoffte sie, er würde ihr etwas mitteilen. Doch er schwieg, und sie fuhr fort: »Das wäre eine schöne Bescherung, wenn ausgerechnet an dem Tag, da Du-weißt-schon- wer endlich verschwindet, die Muggel alles über uns herausfinden würden. Ich nehme an, er ist wirklich verschwunden, Dumbledore?«

»Es sieht ganz danach aus«, sagte Dumbledore. »Wir müssen für vieles dankbar sein. Möchten Sie ein Brausebonbon?«

»Ein was?«

»Ein Zitronenbrausebonbon. Eine Nascherei der Muggel, auf die ich ganz scharf bin.«

»Nein, danke«, sagte Professor McGonagall kühl, als sei jetzt nicht der richtige Moment für Zitronenbrausebonbons. »Wie ich schon sagte, selbst wenn Du-weißt-schon-wer wirklich fort ist -«

»Mein lieber Professor, eine vernünftige Person wie Sie kann ihn doch sicher beim Namen nennen? Der ganze Unsinn mit Du-weißt-schon-wer - seit elf Jahren versuche ich die Leute dazu zu bringen, ihn bei seinem richtigen Namen zu nennen: Voldemort.« Professor McGonagall zuckte zurück, doch Dumbledore, der zwei weitere Bonbons aus der Tüte fischte, schien davon keine Notiz zu nehmen. »Es verwirrt doch nur, wenn wir dauernd Du-weißt- schon-wer sagen. Ich habe nie eingesehen, warum ich Angst davor haben sollte, Voldemorts Namen auszusprechen. «

»Das weiß ich wohl«, sagte Professor McGonagall halb aufgebracht, halb bewundernd. »Doch Sie sind anders. Alle wissen, dass Sie der Einzige sind, den Du-weißt- ahm, na gut, Voldemort fürchtete.«

»Sie schmeicheln mir«, sagte Dumbledore leise. »Voldemort hatte Kräfte, die ich nie besitzen werde.«

»Nur weil Sie zu - ja - nobel sind, um sie einzusetzen.«

»Ein Glück, dass es dunkel ist. So rot bin ich nicht mehr geworden, seit Madam Pomfrey mir gesagt hat, ihr gefielen meine neuen Ohrenschützer.«

Professor McGonagall sah Dumbledore scharf an und sagte: »Die Eulen sind nichts gegen die Gerüchte, die umherfliegen. Wissen Sie, was alle sagen? Warum er verschwunden ist? Was ihn endlich aufgehalten hat?«

Offenbar hatte Professor McGonagall den Punkt erreicht, über den sie unbedingt reden wollte, den wirklichen Grund, warum sie den ganzen Tag auf einer kalten, harten Mauer gewartet hatte, denn weder als Katze noch als Frau hatte sie Dumbledore mit einem so durchdringenden Blick festgenagelt wie jetzt. Was auch immer »alle« sagen mochten, offensichtlich glaubte sie es nicht, bis sie es aus dem Mund von Dumbledore gehört hatte. Der jedoch nahm sich ein weiteres Zitronenbrausebonbon und schwieg.

»Was sie sagen«, drängte sie weiter, »ist nämlich, dass Voldemort letzte Nacht in Godric s Hollow auftauchte. Er war auf der Suche nach den Potters. Dem Gerücht zufolge sind Lily und James Potter - sie sind - tot.«

Dumbledore senkte langsam den Kopf. Professor McGonagall stockte der Atem.

»Lily und James Ich kann es nicht glauben Ich wollte es nicht glauben Oh, Albus «

Dumbledore streckte die Hand aus und klopfte ihr sanft auf die Schultern. »Ich weiß ich weiß «, sagte er mit belegter Stimme.

Professor McGonagall fuhr mit zitternder Stimme fort: »Das ist nicht alles. Es heißt, er habe versucht, Potters Sohn Harry zu töten. Aber - er konnte es nicht. Er konnte diesen kleinen Jungen nicht töten. Keiner weiß, warum, oder wie, aber es heißt, als er Harry Potter nicht töten konnte, fiel Voldemorts Macht in sich zusammen - und deshalb ist er verschwunden.«

Dumbledore nickte mit düsterer Miene.

»Ist das - wahr?«, stammelte Professor McGonagall. »Nach all dem, was er getan hat - nach all den Menschen, die er umgebracht hat -, konnte er einen kleinen Jungen nicht töten? Das ist einfach unglaublich ausgerechnet das setzt ihm ein Ende aber wie um Himmels willen konnte Harry das überleben?«

»Wir können nur mutmaßen«, sagte Dumbledore. »Vielleicht werden wir es nie wissen.«








Harry Potter und die Kammer des Schreckens:


Im Ligusterweg Nummer 4 war mal wieder bereits beim Frühstück Streit ausgebrochen. Ein lautes Kreischen aus dem Zimmer seines Neffen Harry hatte Mr Vernon Dursley in aller Herrgottsfrühe aus dem Schlaf gerissen. 


»Schon das dritte Mal diese Woche!«, polterte er über 
den Tisch hinweg. »Wenn du diese Eule nicht in den Griff kriegst, fliegt sie raus!«

Harry versuchte, übrigens nicht zum ersten Mal, die Sache zu erklären.

»Sie langweilt sich«, sagte er. »Sonst fliegt sie doch immer draußen rum. Könnte ich sie nicht wenigstens nachts rauslassen?«

»Hältst du mich für blöde?«, raunzte ihn Onkel Vernon an, während ein Stück Spiegelei in seinem buschigen Schnauzbart erzitterte. »Ich weiß doch, was passiert, wenn diese Eule rauskommt.«

Er wechselte finstere Blicke mit seiner Gattin Petunia.

Harry wollte widersprechen, doch seine Worte gingen in einem lang gezogenen, lauten Rülpser unter. Urheber dessen war Dudley, der Sohn der Dursleys.

»Mehr Schinken.«

»In der Pfanne ist noch welcher, Schätzchen«, sagte Tante Petunia und wandte sich mit verschleierten Augen ihrem verfetteten Sohn zu. »Wir müssen dich päppeln, solange wir können ... Mir gefallen die Geräusche nicht, die die Schulkost in deinem Magen veranstaltet.«

»Unsinn, Petunia, ich bin damals in Smeltings immer satt geworden«, warf Onkel Vernon beherzt ein. »Dudley kriegt genug, nicht wahr, mein Junge?«

Dudley, dessen Hintern zu beiden Seiten des Küchenstuhls herabhing, grinste und drehte sich zu Harry um.

»Gib mir die Pfanne.«

»Du hast das Zauberwort vergessen«, sagte Harry gereizt.

Dieser schlichte Satz hatte eine gewaltige Wirkung auf den Rest der Familie: Dudley riss den Mund auf und fiel mit einem küchenerschütternden Krachen vom Stuhl. Mrs Dursley stieß einen spitzen Schrei aus und schlug die Hände vor den Mund. Mr Dursley sprang vom Tisch auf; das Blut pulsierte wild in seinen Stirnadern.

»Ich habe >bitte< gemeint!«, setzte Harry rasch nach. »Und nicht - «

»HABE ICH DIR NICHT GESAGT«, tobte sein Onkel und bespritzte dabei den Tisch mit Spucke, »DAS WORT MIT >Z< KOMMT MIR IN DIESEM HAUS NICHT VOR!«

»Aber ich - «

»WIE KANNST DU ES WAGEN, DUDLEY ZU BEDROHEN!«, brüllte Onkel Vernon und hämmerte mit der Faust auf den Tisch.

»Ich hab doch nur - «

»ICH HABE DICH GEWARNT! UNTER MEINEM DACH WILL ICH NICHTS VON DEINER ABNORMITÄT HÖREN!«

Harrys Blick wanderte vom purpurroten Gesicht des Onkels hinüber zur aschfahlen Tante, die sich mühte, Dudley wieder auf die Beine zu hieven.

»Schon gut«, sagte Harry, »schon gut ...«

Schnaubend wie ein atemloses Nashorn setzte sich Onkel Vernon wieder hin und beobachtete Harry aus den Winkeln seiner kleinen stechenden Augen. 

Seit Harry zu Beginn der Sommerferien nach Hause gekommen war, hatte Onkel Vernon ihn behandelt wie eine Bombe, die jeden Moment hochgehen könnte, denn Harry Potter war kein normaler Junge. In der Tat war er so wenig normal wie überhaupt vorstellbar.

Harry Potter war ein Zauberer - ein Zauberer, der gerade sein erstes Jahr in Hogwarts, der Schule für Hexerei und Zauberei, hinter sich hatte. Und mochten die Dursleys auch noch so unglücklich sein, weil sie ihn für die Ferien zurückhatten - das war noch lange nichts gegen Harrys Kummer. 

Er vermisste Hogwarts so sehr, dass es ihm vorkam, als hätte er dauernd Magenschmerzen. Er vermisste das Schloss mit seinen Geheimgängen und Geistern, die Unterrichtsstunden (wenn auch nicht gerade Snape, den Lehrer für Zaubertränke), die Eulenpost, die Festessen in der Großen Halle, sein Himmelbett im Turmschlafsaal, die Besuche bei Hagrid, dem Wildhüter, der in einer Hütte am Rand des Verbotenen Walds auf den Ländereien des Schlosses lebte - und vor allem Quidditch, den beliebtesten Sport in der Welt der Zauberer (sechs Torringe auf hohen Stangen, vier fliegende Bälle und vierzehn Spieler auf fliegenden Besen).

Alle Zauberbücher Harrys, den Zauberstab, die Umhänge, den Kessel und den Nimbus Zweitausend, einen fliegenden Besen der Spitzenklasse, hatte Onkel Vernon, kaum hatte Harry das Haus betreten, an sich gerissen und in den Schrank unter der Treppe gesperrt. Was kümmerte es die Dursleys, dass Harry seinen festen Platz im Quidditch-Team seines Hauses verlieren konnte, wenn er den ganzen Sommer über nicht trainierte? Was scherte es die Dursleys, wenn Harry in die Schule zurückkehrte ohne auch nur einen Teil seiner Hausaufgaben erledigt zu haben? Die Dursleys waren Muggel (so nannten die Zauberer Menschen, die keinen Tropfen magisches Blut in den Adern hatten), und in ihren Augen war es eine abgrundtiefe Schande, einen Zauberer in der Familie zu haben. Onkel Vernon hatte sogar den Käfig von Hedwig, Harrys Eule, mit einem Vorhängeschloss versehen, damit sie niemandem in der Zaubererwelt Botschaften überbringen konnte. 

Harry sah ganz anders aus als der Rest der Familie. Onkel Vernon war groß und hatte keinen Hals, dafür aber einen riesigen schwarzen Schnurrbart; Tante Petunia war pferdegesichtig und knochig; Dudley war blond, rosa und fett wie ein Schwein. Harry dagegen war klein und dünn, hatte leuchtend grüne Augen und immer zerzaustes rabenschwarzes Haar. Er trug eine Brille mit runden Gläsern und auf der Stirn hatte er eine feine Narbe, die aussah wie ein Blitz.

Diese Narbe machte Harry sogar in der Welt der Zauberer zu etwas ganz Besonderem. Sie war das Einzige an Harry, das auf seine geheimnisvolle Vergangenheit und damit auf den Grund hindeutete, weshalb er vor elf Jahren den Dursleys vor die Tür gelegt worden war.

Damals, im Alter von einem Jahr, überlebte Harry auf merkwürdige Weise den Todesfluch des größten schwarzen Magiers aller Zeiten. Die meisten Hexen und Zauberer hatten immer noch Angst, dessen Namen auszusprechen: Lord Voldemort. Harrys Eltern starben bei Voldemorts Überfall, doch Harry kam mit der blitzförmigen Narbe davon. Voldemorts Macht jedoch fiel in eben jenem Augenblick in sich zusammen, als es ihm misslungen war, Harry zu töten. Und keiner konnte das begreifen.

So kam es, dass die Schwester seiner toten Mutter und deren Gatte Harry aufgezogen hatten. Zehn Jahre hatte er bei den Dursleys gelebt und ihnen die Geschichte geglaubt, seine Narbe rühre von einem Autounfall her, bei dem seine Eltern gestorben seien, und nie hatte er verstanden, warum er ständig, ohne es zu wollen, merkwürdige Dinge geschehen ließ. 

Und dann, genau vor einem Jahr, hatte Hogwarts ihm einen Brief geschickt, und die ganze Geschichte war aufgeflogen. Harry ging nun auf die Zaubererschule, wo er und seine Narbe berühmt waren ... Doch jetzt waren Sommerferien, und er war zu den Dursleys zurückgekehrt - dorthin, wo sie ihn behandelten wie einen Hund, der aus einem stinkenden Loch gekrochen war.

Die Dursleys hatten nicht einmal daran gedacht, dass heute Harrys zwölfter Geburtstag war. Natürlich hatte er nicht viel erwartet; ein richtiges Geschenk schon gar nicht, geschweige denn einen Kuchen - aber dass sie nicht einmal ein Wort sagen würden ...

In diesem Augenblick räusperte sich Onkel Vernon mit wichtiger Miene: »Nun, wie wir alle wissen, ist heute ein wichtiger Tag.«

Harry wollte seinen Ohren nicht trauen und hob den Kopf.

»Dies könnte durchaus der Tag sein, an dem ich das größte Geschäft meiner Laufbahn abschließe«, sagte Onkel Vernon.

Harry wandte sich wieder seinem Toast zu. Natürlich, dachte er verbittert, Onkel Vernon sprach von diesem blöden Abendessen. Seit zwei Wochen redete er von nichts anderem. Ein reicher Bauunternehmer und seine Frau sollten zum Abendessen kommen, und Onkel Vernon hoffte, einen großen Auftrag zu landen (Onkel Vernons Firma stellte Bohrmaschinen her).

»Ich denke, wir sollten den Ablauf des Abends noch einmal durchgehen«, sagte Onkel Vernon. »Um acht Uhr müssen wir alle bereit sein. Petunia, du bist wo - ?«

»Im Salon«, sagte Tante Petunia wie aus der Pistole geschossen, »wo ich sie herzlich in unserem Heim willkommen heiße.«

»Sehr gut. Und Dudley?«

»Ich stehe in der Diele bereit und öffne die Tür, wenn sie kommen.« Dudley setzte ein gezwungenes Lächeln auf. »Darf ich Ihnen die Jacken abnehmen, Mr und Mrs Mason?«

»Sie werden begeistert von ihm sein«, rief Tante Petunia ganz hingerissen.

»Vortrefflich, Dudley«, sagte Onkel Vernon. Dann wandte er sich Harry zu. »Und du?«

»Ich bin in meinem Schlafzimmer, mache keinen Mucks und tu so, als ob ich nicht da wäre«, sagte Harry mit tonloser Stimme.

»Genau«, sagte Onkel Vernon giftig. »Und ich führe die beiden in den Salon, stelle dich vor, Petunia, und reiche ihnen die Drinks. Um acht Uhr fünfzehn -« 

»- bitte ich zu Tisch«, sagte Tante Petunia.

»Und Dudley, du sagst - «

»Darf ich Sie ins Speisezimmer geleiten, Mrs Mason?«, sagte Dudley und bot einer unsichtbaren Dame seinen fetten Arm an.

»Mein perfekter kleiner Kavalier!«, seufzte Tante Petunia.

»Und du?«, sagte Onkel Vernon und sah Harry arglistig an.

»Ich bin in meinem Schlafzimmer, mache keinen Mucks und tu so, als ob ich nicht da wäre«, sagte Harry dumpf.

»Genau. Nun, wir sollten versuchen beim Abendessen ein paar Komplimente auszustreuen. Hast du eine Idee, Petunia?«

»Vernon sagt, Sie seien ein ausgezeichneter Golfspieler, Mr Mason ... Sie müssen mir unbedingt verraten, wo Sie Ihr Kleid gekauft haben, Mrs Mason ...«

»Bestens ... und Dudley?«

»Wie wär's mit: >In der Schule mussten wir einen Aufsatz über unseren Helden schreiben, Mr Mason, und ich habe über Sie geschrieben.<«

Das war zu viel für Tante Petunia und auch für Harry. Tante Petunia brach in Tränen aus und drückte ihren Sohn an die Brust, während Harry unter den Tisch abtauchte, damit sie sein Lachen nicht sehen konnten.

»Und du, Junge?«

Harry tauchte wieder auf und mühte sich nach Kräften, keine Miene zu verziehen.

»Ich bin in meinem Schlafzimmer, mache keinen Mucks und tu so, als ob ich nicht da wäre«, sagte er.

»Genau das wirst du tun«, sagte Onkel Vernon nachdrücklich. »Die Masons wissen nichts von dir und so soll es auch bleiben. Wenn wir fertig sind mit dem Essen, Petunia, geleitest du Mrs Mason zurück in den Salon zum Kaffee, und ich spreche Mr Mason auf die Bohrer an. Mit ein bisschen Glück habe ich den Auftrag noch vor den Zehn-Uhr-Nachrichten unter Dach und Fach. Und morgen um diese Zeit können wir uns schon um eine Ferienwohnung auf Mallorca kümmern.«

Harry war davon nicht gerade begeistert. Die Dursleys würden ihn auf Mallorca genauso wenig leiden können wie im Ligusterweg.

»Gut - ich fahr in die Stadt und hol die Smokings für mich und Dudley ab. Und du«, raunzte er Harry an, »du gehst deiner Tante aus dem Weg, während sie sauber macht.«

Harry ging durch die Hintertür hinaus in den Garten. Es war ein strahlend heller Sommertag. Er schlenderte über den Rasen, ließ sich auf die Gartenbank sinken und sang leise: »Happy Birthday to me ... Happy Birthday to me ...«

Keine Postkarten, keine Geschenke, und er würde den ganzen Abend so tun, als ob er nicht auf der Welt wäre. Niedergeschlagen starrte er die Hecke an. Noch nie hatte er sich so einsam gefühlt. Mehr als alles andere in Hogwarts, noch mehr sogar als Quidditch, vermisste Harry seine besten Freunde, Ron Weasley und Hermine Granger. Die allerdings schienen ihn überhaupt nicht zu vermissen. Seit er hier war, hatte er keinen einzigen Brief von ihnen bekommen, obwohl Ron doch versprochen hatte, er würde Harry zu sich nach Hause einladen.

Harry war schon unzählige Male drauf und dran gewesen, Hedwigs Käfig mit Hilfe eines Zauberspruchs zu öffnen und sie mit einem Brief zu Ron und Hermine zu schicken, doch die Gefahr war zu groß. Jugendliche Zauberer durften außerhalb der Schule nicht zaubern. Das hatte Harry den Dursleys nicht gesagt; er wusste, nur ihre Angst, er könnte sie alle in Mistkäfer verwandeln, hielt sie davon ab, auch ihn zu dem Zauberstab und dem Besen in den Schrank zu sperren. In den ersten Wochen nach seiner Rückkehr hatte sich Harry einen Spaß daraus gemacht, sinnlose Wörter vor sich hin zu murmeln und mit anzusehen, wie Dudley, so schnell seine plumpen Beine ihn trugen, aus dem Zimmer floh. Doch nun, da er so lange nichts mehr von Ron und Hermine gehört hatte, fühlte er sich der Zaubererwelt so fern, dass er sogar die Lust verlor, Dudley zu triezen - und jetzt hatten die beiden auch noch seinen Geburtstag vergessen. Was würde er nicht alles geben für eine Nachricht aus Hogwarts? Von einer Hexe oder einem Zauberer, gleich, von wem. 

Fast wäre er dankbar, wieder einmal seinen Erzfeind Draco Malfoy zu sehen, einfach um sich zu vergewissern, dass er nicht alles geträumt hatte ...

Nicht, dass sein Jahr in Hogwarts immer nur Spaß gemacht hätte. Ganz am Ende des Schuljahres hatte Harry niemand anderem als dem leibhaftigen Lord Voldemort ins Auge geblickt. Voldemort mochte nur ein kläglicher Schatten seines alten Selbst sein, doch war er immer noch schrecklich, immer noch gerissen, und immer noch entschlossen, seine Macht zurückzugewinnen. Harry war Voldemorts Klauen ein zweites Mal entkommen, doch diesmal nur um Haaresbreite, und selbst jetzt, Wochen später, wachte Harry nachts schweißgebadet auf und sah Voldemorts aschgraues Gesicht und seine weit aufgerissenen, wahnsinnigen Augen vor sich. Wo mochte er jetzt wohl stecken?

Jählings richtete sich Harry kerzengerade auf der Gartenbank auf. Gedankenverloren hatte er auf die Hecke gestarrt und - die Hecke starrte zurück. Zwei riesige grüne Augen waren zwischen den Blättern aufgetaucht.

Harry sprang auf und im selben Moment hörte er ein Johlen über den Rasen schallen.

»Ich weiß, was heute für ein Tag ist«, jauchzte Dudley und watschelte auf ihn zu.

Die riesigen Augen blinzelten und verschwanden. 

»Was?«, sagte Harry, ohne den Blick von der Stelle zu rühren, wo er die Augen gesehen hatte.

»Ich weiß, was heute für ein Tag ist«, wiederholte Dudley und rückte ihm ganz nahe auf den Leib.

»Gut gemacht«, sagte Harry, »hast also endlich die Wochentage auswendig gelernt?«

»Heute ist dein Geburtstag«, höhnte Dudley. »Wieso hast du eigentlich keine Karten bekommen? Hast du in dieser Schule für Missgeburten nicht mal Freunde?«

»Wenn deine Mutter hört, dass du über meine Schule redest ...«, erwiderte Harry kühl.

Dudley zog sich die Hose hoch, die von seinem schwabbligen Bauch herunterrutschte.

»Warum starrst du dauernd auf die Hecke?«, fragte er misstrauisch.

»Ich überlege, was wohl der beste Zauberspruch wäre, um sie in Brand zu stecken«, sagte Harry. 

Dudley wich stolpernd vor ihm zurück, mit einem panischen Ausdruck auf dem fetten Gesicht.

»Du k-kannst nicht - Dad hat dir gesagt, du darfst nicht z-zaubern - er würde dich aus dem Haus werfen - und du hast sonst niemanden - du hast keine Freunde, die dich aufnehmen - «

»Simsalabim!«, sagte Harry mit finsterer Stimme, »Hokuspokus-Fidibus «

»MAAAAMAAAA!«, heulte Dudley und während er hastig zurückwich, stolperte er über die eigenen Füße. »MAAAMAAA! Er tut es, du weißt schon, was er tut!«

Harry musste seinen kleinen Spaß teuer bezahlen. Da weder der Hecke ein Blatt fehlte noch Dudley ein Haar gekrümmt war, wusste Tante Petunia, dass er nicht wirklich gezaubert hatte. Dennoch musste er sich wegducken, als sie mit der spülschaumtriefenden Pfanne zum Schlag gegen ihn ausholte. Dann gab sie ihm Arbeiten auf und versprach ihm, er würde nichts zu essen bekommen, bevor er fertig wäre.

Während Dudley herumlümmelte und ihm eiskremschleckend zusah, putzte Harry die Fenster, wusch den Wagen, mähte den Rasen, jätete die Blumenbeete, beschnitt und goss die Rosen und verpasste der Gartenbank einen neuen Anstrich. Am Himmel glühte die Sonne und versengte ihm den Nacken. Er hätte Dudleys Köder nicht schlucken sollen, sagte sich Harry, doch Dudley hatte genau das ausgesprochen, was er selbst gedacht hatte ... Vielleicht hatte er ja tatsächlich keine Freunde in Hogwarts ...

»Ich wünschte, sie könnten den berühmten Harry Potter jetzt sehen«, dachte er wütend, während er mit schmerzendem Rücken und schweißtriefendem Gesicht Dünger über die Beete streute.

Es war schon halb acht, als er endlich, völlig erschöpft, Tante Petunia rufen hörte.

»Komm rein! Aber geh über die Zeitungen!«

Erleichtert trat Harry in die kühle, blitzblank schimmernde Küche. Auf dem Kühlschrank stand der Nachtisch für heute Abend: ein riesiger Berg Schlagsahne mit kandierten Veilchenblättern. Im Herd brutzelte ein Schweinebraten. 

»Iss rasch auf! Die Masons kommen gleich!«, herrschte ihn Tante Petunia an und deutete auf zwei Scheiben Brot und ein Stück Käse auf dem Küchentisch. Sie steckte bereits in einem lachsrosa Abendkleid. 

Harry wusch sich die Hände und verschlang sein karges Mahl. Kaum war er fertig, schnappte ihm Tante Petunia den Teller weg. 

»Nach oben! Marsch!«

Als Harry an der Wohnzimmertür vorbeiging, erhaschte er einen Blick auf Onkel Vernon und Dudley mit Smoking und Fliege. Gerade war er oben angelangt, da läutete es an der Tür, und Onkel Vernons wutverzerrtes Gesicht erschien am Fuß der Treppe.

»Denk dran, Junge - ein Mucks, und - «

Harry schlich auf Zehenspitzen zu seinem Zimmer, glitt hinein, schloss die Tür, wandte sich um und ließ sich auf sein Bett fallen.

Nur - da saß schon jemand. 



Harry Potter und der Gefangene von Askaban:

Als Harry am nächsten Morgen zum Frühstück hinunterging, saßen die drei Dursleys schon am Küchentisch. Sie starrten auf die Mattscheibe eines brandneuen Fernsehers, eines Willkommen-in-den-Ferien-Geschenks für Dudley, der sich fortwährend lauthals über den langen Weg zwischen dem Kühlschrank und dem Fernseher im Wohnzimmer beschwert hatte. Dudley hatte den größten Teil des Sommers in der Küche verbracht, die kleinen Schweinchenaugen geradezu auf die Mattscheibe geklebt und mit wabbelndem fünflagigem Kinn ununterbrochen kauend. 

Harry setzte sich zwischen Dudley und Onkel Vernon, einen großen, fleischigen Mann mit sehr wenig Hals und einer Menge Schnauzbart. Keiner der Dursleys nahm Notiz davon, dass Harry in die Küche gekommen war, geschweige denn, dass ihm einer zum Geburtstag gratuliert hätte. Er nahm sich eine Scheibe Toast und sah hoch zum Fernseher, wo der Nachrichtensprecher gerade von einem Ausbrecher berichtete 

» die Polizei warnt die Bevölkerung. Black ist bewaffnet und äußerst gefährlich. Eine eigene Notrufnummer wurde eingerichtet und jeder Hinweis auf Black sollte umgehend gemeldet werden.« 

»Dass der ein Verbrecher ist, brauchen sie uns nicht erst zu sagen«, schnarrte Onkel Vernon und starrte über seine Zeitung hinweg auf das Bild des Flüchtigen. »Seht euch mal an, wie der aussieht, ein dreckiger Rumtreiber! Und diese Haare!« 

Er warf Harry einen gehässigen Seitenblick zu, dessen strubbeliges Haar ihn immer von neuem ärgerte. Verglichen mit dem Mann im Fernsehen jedoch, dessen ausgemergeltes Gesicht umwuchert war von verfilztem, ellbogenlangem Gestrüpp, kam sich Harry durchaus gepflegt vor. 

 

 

 

 

 

 

Wieder erschien der Nachrichtensprecher. 

»Das Landwirtschafts- und Fischereiministerium gibt heute bekannt, dass -« 

»Ist doch nicht zu fassen!«, bellte Onkel Vernon und starrte den Sprecher wütend an, »du hast uns nicht gesagt, wo dieser Verrückte ausgebrochen ist! Was soll das? Der Wahnsinnige könnte doch jeden Augenblick die Straße entlangkommen! « 

Tante Petunia, knochig und pferdegesichtig, wirbelte herum und schaute wachsam aus dem Küchenfenster. Harry wusste, dass Tante Petunia nichts lieber tun würde, als den Notruf anzuläuten. Sie war die neugierigste Frau der Welt und verbrachte den größten Teil ihres Lebens damit, die langweiligen, gesetzestreuen Nachbarn auszukundschaften. 

»Wann werden die es endlich kapieren«, sagte Onkel Vernon und schlug mit seiner großen purpurroten Faust auf den Tisch, »dass Aufknüpfen das einzige Rezept gegen solches Pack ist?« 

»Wie wahr«, sagte Tante Petunia, die immer noch die Bohnenstangen nebenan taxierte. 

Onkel Vernon nahm den letzten Schluck aus seiner Teetasse, warf einen Blick auf die Uhr und fügte hinzu: »Am besten, ich geh gleich, Petunia, Magdas Zug kommt um zehn an.« 

Harry, in Gedanken eben noch oben bei seinem Besenpflege- Set, fiel schmerzhaft aus allen Wolken. 

»Tante Magda?«, sprudelte es aus ihm heraus. »D-die - die kommt doch nicht etwa zu uns?« 

Tante Magda war Onkel Vernons Schwester. Zwar war sie keine Blutsverwandte von Harry (dessen Mutter Tante Petunias Schwester gewesen war), doch man hatte ihn gezwungen, sie die ganze Zeit »Tante« zu nennen. Tante Magda lebte auf dem Land, in einem Haus mit großem Garten, wo sie Bulldoggen züchtete. Sie kam nur selten in den Ligusterweg, weil sie es nicht übers Herz brachte, ihre wertvollen Hunde allein zu lassen, doch jeden ihrer Besuche hatte Harry in schrecklich lebendiger Erinnerung. 

Beim Fest zu Dudleys fünftem Geburtstag hatte Tante Magda Harry mit ihrem Gehstock auf die Schienbeine gehauen, damit er Dudley nicht mehr beim Bäumchen-wechsel- dich-Spiel schlug. Ein paar Jahre später war sie zu Weihnachten mit einem funkgesteuerten Senkrechtstarter für Dudley und einem Karton Hundekuchen für Harry aufgetaucht. Bei ihrem letzten Besuch war Harry versehentlich ihrem Lieblingshund auf die Pfote getreten. Ripper hatte Harry hinaus in den Garten und einen Baum hochgejagt und Tante Magda hatte sich bis nach Mitternacht geweigert, ihn zurückzupfeifen. Wenn Dudley sich daran erinnerte, brach er vor Lachen immer noch in Tränen aus. 

»Magda wird eine Woche bleiben«, schnarrte Onkel Vernon, »und wenn wir schon beim Thema sind« - er deutete mit einem fetten Finger drohend auf Harry - »sollten wir einiges klarstellen, bevor ich sie abholen gehe.« 

Dudley grinste hämisch und wandte den Blick von der Mattscheibe ab. Sein liebster Zeitvertreib war, zu beobachten, wie Harry von Onkel Vernon schikaniert wurde. 

»Erstens«, knurrte Onkel Vernon, »hältst du deine Zunge im Zaum, wenn du mit Magda sprichst.« 

»Gut«, sagte Harry bitter, »wenn sie es auch tut.« 

»Zweitens«, sagte Onkel Vernon und tat so, als hätte er Harrys Antwort nicht gehört, »da Magda nichts von deiner Abnormalität weiß, will ich nicht, dass irgendwas Komisches passiert, während sie hier ist. Du benimmst dich, verstanden? « 

»Wenn sie es auch tut«, sagte Harry zähneknirschend. 

»Und drittens«, sagte Onkel Vernon, die gemeinen kleinen Augen waren jetzt Schlitze in seinem großen purpurnen Gesicht, »haben wir Magda gesagt, du würdest das St.-Brutus-Sicherheitszentrum für unheilbar kriminelle Jungen besuchen. « 

»Was?«, schrie Harry. 

»Und du bleibst bei dieser Geschichte, Bursche, oder du kriegst Schwierigkeiten«, fauchte Onkel Vernon. 

Zornig und mit bleichem Gesicht starrte Harry Onkel Vernon an. Er konnte es nicht fassen. Tante Magda kam für eine Woche zu Besuch - das war das furchtbarste Geburtstagsgeschenk, das er je von den Dursleys bekommen hatte, verglichen selbst mit Onkel Vernons alten Socken. 

»Nun, Petunia«, sagte Onkel Vernon und erhob sich schnaufend, »ich fahre jetzt zum Bahnhof. Kleine Ausfahrt gefällig, Dudders?« 

»Nein«, sagte Dudley, der seine Aufmerksamkeit jetzt, da Onkel Vernon aufgehört hatte, Harry zu tyrannisieren, wieder dem Fernseher zugewandt hatte. 

»Diddy muss sich für Tantchen fein herausputzen«, sagte Tante Petunia und strich über Dudleys dichtes Blondhaar. 

»Mamchen hat ihm eine wunderschöne neue Fliege gekauft. « 

Onkel Vernon klopfte Dudley auf die fette Schulter. 

»Also bis gleich«, sagte er und ging hinaus. 

Harry, der in eine Art grauenerfüllte Trance versunken war, fiel plötzlich etwas ein. Er ließ seinen Toast liegen, stand rasch auf und folgte Onkel Vernon zur Haustür. Onkel Vernon zog seinen Mantel an. 

»Dich nehm ich nicht mit«, schnarrte er, als er sich umwandte und Harry erblickte. 

»Will ich auch nicht«, sagte Harry kühl. »Ich möchte dich was fragen.« 

Onkel Vernon beäugte ihn misstrauisch. 

»Drittklässler in Hog , auf meiner Schule dürfen hin und wieder ins Dorf«, sagte Harry. 

»Ach?«, blaffte Onkel Vernon und nahm die Wagenschlüssel vom Haken neben der Tür. Rasch setzte Harry nach. 

»Du musst die Einverständniserklärung für mich unterschreiben«, sagte er. 

»Und warum sollte ich das tun?«, höhnte Onkel Vernon. 

»Nun ja«, sagte Harry und wog sorgfältig seine Worte ab, »es wird ein hartes Stück Arbeit sein, gegenüber Tante Magda so zu tun, als ob ich in dieses St. Wasweißich ginge -« 

»St.-Brutus-Sicherheitszentrum für unheilbar kriminelle Jungen!«, bellte Onkel Vernon, und Harry freute sich, einen deutlichen Anflug von Panik in seiner Stimme zu hören. 

»Genau«, sagte Harry und sah gelassen hoch in Onkel Vernons großes, rotes Gesicht. »Ich muss mir eine Menge merken. Außerdem soll es sich ja überzeugend anhören, oder? Was, wenn mir aus Versehen etwas rausrutscht?« 

»Dann prügle ich dir die Innereien raus!«, polterte Onkel Vernon und trat mit erhobener Faust auf Harry zu. Doch Harry ließ nicht locker. 

»Die Innereien aus mir herauszuprügeln wird Tante Magda auch nicht vergessen lassen, was ich ihr gesagt haben könnte«, sagte er verbissen. 

Onkel Vernon, die Faust immer noch erhoben, erstarrte. Sein Gesicht hatte ein hässliches Braunrot angenommen. 

»Aber wenn du meine Einverständniserklärung unterschreibst «, fuhr Harry rasch fort, »schwöre ich, dass ich nicht vergesse, wo ich angeblich zur Schule gehe, und ich führe mich auf wie ein Mug , als ob ich normal und alles wäre.« 

Harry entging nicht, dass Onkel Vernon noch einmal über die Sache nachdachte, auch wenn er die Zähne gefletscht hatte und eine Vene auf seiner Schläfe pochte. 

»Schön«, blaffte er endlich. »Ich werde dein Verhalten während Tante Magdas Besuch scharf überwachen. Wenn du am Ende nicht die Grenze überschritten hast und bei der Geschichte geblieben bist, unterschreibe ich dein beklopptes Formular.« 

Abrupt drehte er sich um, öffnete die Haustür und schlug sie mit solcher Wucht hinter sich zu, dass eine der kleinen Glasscheiben am oberen Türrand herausfiel. Harry kehrte nicht in die Küche zurück. Er ging nach oben in sein Zimmer. Wenn er sich wie ein echter Muggel aufführen musste, dann fing er am besten gleich damit an. Widerwillig und traurig sammelte er all seine Geschenke und Geburtstagskarten ein und versteckte sie unter dem losen Dielenbrett, zusammen mit seinen Hausaufgaben. Dann ging er hinüber zu Hedwigs Käfig. Errol hatte sich offenbar erholt; er und Hedwig schliefen mit den Köpfen unter den Flügeln. Harry seufzte und stupste sie beide wach. 

»Hedwig«, sagte er niedergeschlagen, »du musst für eine Woche verschwinden. Flieg mit Errol, Ron wird sich um dich kümmern. Ich geb dir eine Nachricht für ihn mit. Und schau mich nicht so an« - Hedwigs große bernsteinfarbene Augen blickten vorwurfsvoll - »es ist nicht meine Schuld. Das ist die einzige Möglichkeit, die Erlaubnis zu kriegen, mit Ron und Hermine nach Hogsmeade zu gehen.« 

Zehn Minuten später flatterten Errol und Hedwig (der Harry einen Zettel für Ron ans Bein gebunden hatte) aus dem Fenster und waren bald auf und davon. Harry, dem nun ganz und gar elend war, räumte den leeren Käfig in den Schrank. Doch er hatte nicht lange Zeit zum Grübeln. Schon kreischte Tante Petunia unten am Fuß der Treppe, Harry solle herunterkommen und sich bereitmachen, den Gast zu begrüßen. 

»Mach was mit deinen Haaren«, schnappte Tante Petunia, als er im Flur ankam. Harry sah nicht ein, warum er versuchen sollte, sein Haar glatt zu kämmen. Tante Magda krittelte doch liebend gern an ihm herum, und je zerzauster er aussah, desto glücklicher war sie. 

Doch schon war draußen das Knirschen von Kies zu hören, als Onkel Vernon den Wagen in die Einfahrt zurücksetzte, dann das »Klonk« der Wagentüren und schließlich Schritte auf dem Gartenweg. 

»An die Tür!«, zischte Tante Petunia. 

Mit einem Gefühl im Magen, als würde die Welt untergehen, öffnete Harry die Tür. Auf der Schwelle stand Tante Magda. Sie war Onkel Vernon sehr ähnlich mit ihrem großen, fleischigen, purpurroten Gesicht. Sie hatte sogar einen Schnurrbart, auch wenn er nicht so buschig war wie seiner. Unter dem einen Arm trug sie einen riesigen Koffer, unter dem anderen saß mit eingezogenem Schwanz eine alte und missgelaunte Bulldogge. 

»Wo ist denn mein Dudders?«, röhrte Tante Magda. »Wo ist mein Neffilein?« 

Dudley kam den Flur entlanggewatschelt, das Blondhaar flach auf den fetten Schädel geklebt, und unter seinen vielen Kinnen lugte gerade noch der Zipfel einer Fliege hervor. Tante Magda wuchtete ihren Koffer in Harrys Magen, dass er nach Luft schnappen musste, drückte Dudley mit einem Arm schraubstockfest an ihr Herz und pflanzte ihm einen Kuss auf die Wange. Harry wusste genau, dass Dudley Tante Magdas Umarmungen nur ertrug, weil er dafür gut bezahlt wurde. Beim Abschied würde er eine knisternde Zwanzig-Pfund-Note in seiner fetten Faust finden. 

»Petunia!«, rief Tante Magda und schritt an Harry vorbei, als wäre er ein Hutständer. Tante Magda und Tante Petunia küssten sich, besser gesagt ließ Tante Magda ihren massigen Kiefer gegen Tante Petunias hervorstehende Wangenknochen krachen. Onkel Vernon kam jetzt herein und schloss die Tür mit einem leutseligen Lächeln. 

»Tee, Magda?«, fragte er. »Und was dürfen wir Ripper anbieten?« 

»Ripper kann ein wenig Tee aus meiner Untertasse haben «, sagte Tante Magda, während sie sich in die Küche begaben und Harry im Flur mit dem Koffer allein ließen. Doch Harry beklagte sich nicht; jede Ausrede, nicht mit Tante Magda zusammen sein zu müssen, war ihm recht, und als hätte er alle Zeit der Welt, hievte er den Koffer die Treppe empor ins freie Schlafzimmer. Als er in die Küche zurückkam, war Tante Magda schon mit Tee und Obstkuchen versorgt und Ripper schlabberte geräuschvoll in der Ecke. Harry bemerkte, wie Tante Petunia leicht die Mundwinkel verzog, weil Ripper ihren sauberen Boden mit Tee und Sabber bespritzte. Tante Petunia konnte Tiere nicht ausstehen. 

»Wer kümmert sich denn um die anderen Hunde, Magda?«, fragte Onkel Vernon. 

»Ach, ich hab sie in die Obhut von Oberst Stumper gegeben «, strahlte Tante Magda. »Er ist jetzt pensioniert. Ein kleiner Zeitvertreib kann ihm nicht schaden. Aber den armen alten Ripper hab ich nicht dalassen können. Er leidet ja so, wenn er nicht bei mir ist.« Als Harry sich setzte, begann Ripper zu knurren. 

Das lenkte Tante Magdas Aufmerksamkeit zum ersten Mal auf Harry. 

»So!«, bellte sie, »immer noch hier?« 

»Ja«, sagte Harry. 

»Sag nicht in diesem unhöflichen Ton ja , hörst du«, knurrte Tante Magda. »Verdammt gut von Vernon und Petunia, dich hier zu behalten. Ich hätte das nicht getan. Hätten sie dich vor meiner Tür ausgesetzt, wärst du sofort ins Waisenhaus gekommen.« 

Harry war drauf und dran zu antworten, er würde lieber in einem Waisenhaus als bei den Dursleys leben, doch der Gedanke an die Erlaubnis für Hogsmeade hielt ihn davon ab. Er zwang sein Gesicht zu einem schmerzhaften Lächeln. 

»Grins mich nicht so an!«, donnerte Tante Magda. »Ich sehe, du hast dich seit unserer letzten Begegnung nicht gebessert. Ich hatte gehofft, in der Schule würden sie dir ein paar Manieren einprügeln.« 

Sie nahm einen kräftigen Schluck Tee, wischte sich den Schnurrbart und sagte: »Wo schickst du ihn noch mal hin, Vernon?« 

»Nach St. Brutus«, antwortete Onkel Vernon prompt. »Erstklassige Anstalt für hoffnungslose Fälle.« 

»Verstehe«, sagte Tante Magda. »Machen sie in St. Brutus auch vom Rohrstock Gebrauch, Bursche?«, blaffte sie über den Tisch. 

»Ähm -« Onkel Vernon nickte hinter Tante Magdas Rücken. 

»Ja«, sagte Harry. Wenn schon, denn schon, überlegte er dann und fügte hinzu: »Tagein, tagaus.« 

»Vortrefflich«, sagte Tante Magda. »Dieses windelweiche Wischiwaschi, dass man Leute nicht schlagen soll, die es doch verdienen, kann ich nicht vertragen. In neunundneunzig von hundert Fällen hilft eine gute Tracht Prügel. Hat man dich oft geschlagen?« 

»O ja«, sagte Harry, »viele Male.« 

Tante Magda verengte die Augen zu Schlitzen. »Dein Ton gefällt mir immer noch nicht, Bürschchen«, sagte sie. »Wenn du so lässig von deinen Hieben reden kannst, dann schlagen sie offenbar nicht hart genug zu. Petunia, wenn ich du wäre, würde ich dort hinschreiben. Mach ihnen klar, dass du im Falle dieses Jungen den Einsatz äußerster Gewalt gutheißt.« 

Vielleicht machte sich Onkel Vernon Sorgen, Harry könnte die Abmachung vergessen haben; jedenfalls wechselte er abrupt das Thema. 

»Schon die Nachrichten gehört heute Morgen, Magda? Was sagst du zu der Geschichte mit diesem Ausbrecher?« 

Während sich Tante Magda allmählich häuslich einrichtete, erwischte sich Harry bei fast sehnsüchtigen Gedanken an das Leben in Nummer vier ohne sie. Onkel Vernon und Tante Petunia gaben sich meist damit zufrieden, wenn Harry ihnen aus dem Weg ging, und Harry war das nur recht. Tante Magda jedoch wollte Harry ständig im Auge behalten, so dass sie Vorschläge für die Besserung seines Betragens zum Besten geben konnte. Vorzugsweise verglich sie Harry mit Dudley und kaufte Dudley teure Geschenke, während sie Harry tückisch anstarrte, als wollte sie ihn herausfordern zu fragen, warum er nicht auch ein Geschenk bekomme. Auch ließ sie ständig Mutmaßungen fallen, aus welchem Grund wohl Harry zu einer dermaßen unzulänglichen Person geworden sei. 

»Du musst dir keinen Vorwurf machen, dass der Junge so geworden ist, Vernon«, sagte sie am dritten Tag beim Mittagessen. »Wenn im Innern etwas Verdorbenes steckt, kann kein Mensch etwas dagegen machen.« 

Harry versuchte sich auf das Essen zu konzentrieren, doch seine Hände zitterten und sein Gesicht fing an vor Zorn zu brennen. Denk an die Erlaubnis, mahnte er sich selbst. Denk an Hogsmeade. Sag nichts. Steh nicht auf - 

Tante Magda griff nach ihrem Weinglas. 

»Das ist eine Grundregel der Zucht«, sagte sie. »Bei Hunden kann man es immer wieder beobachten. Wenn etwas mit der Hündin nicht stimmt, wird auch mit den Welp-« In diesem Augenblick explodierte das Weinglas in Tante Magdas Hand. Scherben stoben in alle Richtungen davon und Tante Magda prustete und blinzelte und von ihrem großen geröteten Gesicht tropfte der Wein. 

»Magda!«, kreischte Tante Petunia. 

»Magda, hast du dir was getan?« 

»Keine Sorge«, grunzte Tante Magda und wischte sich mit der Serviette das Gesicht. 

»Muss es wohl zu fest gedrückt haben. Ist mir letztens auch bei Oberst Stumper passiert. Kein Grund zur Aufregung, Petunia, ich hab einen ziemlich festen Griff -« 

Doch Tante Petunia und Onkel Vernon sahen Harry misstrauisch an, und so beschloss er den Nachtisch lieber wegzulassen und der Tischrunde so bald wie möglich zu entfliehen. Draußen im Flur lehnte er sich gegen die Wand und atmete tief durch. Es war schon lange her, dass er die Beherrschung verloren und etwas hatte explodieren lassen. Das durfte ihm auf keinen Fall noch mal passieren. Die Erlaubnis für Hogsmeade war nicht das Einzige, was auf dem Spiel stand - wenn er so weitermachte, würde er auch noch Schwierigkeiten mit dem Zaubereiministerium kriegen. 

Harry war immer noch ein minderjähriger Zauberer und es war ihm nach dem Zauberergesetz verboten, außerhalb der Schule zu zaubern. Er hatte zudem keine ganz weiße Weste. Erst letzten Sommer hatte er eine offizielle Verwarnung bekommen, in der es klar und deutlich hieß, falls das Ministerium noch einmal von Zauberei im Ligusterweg Wind bekäme, würde ihm der Schulverweis von Hogwarts drohen. 

Er hörte die Dursleys aufstehen und verschwand rasch nach oben. 

Die nächsten Tage überstand Harry, indem er sich zwang, an sein Do-it-yourself-Handbuch zur Besenpflege zu denken, wann immer Tante Magda es auf ihn anlegte. Das klappte ganz gut, auch wenn sein Blick dabei offenbar etwas glasig wurde, denn Tante Magda begann die Meinung zu äußern, er sei geistig unterbelichtet. 

Endlich, nach einer Ewigkeit, brach der letzte Abend von Tante Magdas Aufenthalt an. Tante Petunia kochte ein schickes Essen und Onkel Vernon entkorkte mehrere Flaschen Wein. Sie schafften es durch die Suppe und den Lachs, ohne Harrys Charaktermängel auch nur mit einem Wort zu erwähnen; bei der Zitronen-Meringe-Torte langweilte Onkel Vernon alle mit einem Vortrag über Grunnings, seine Bohrerfirma. Dann kochte Tante Petunia Kaffee und Onkel Vernon stellte eine Flasche Kognak auf den Tisch. 

»Ein Schlückchen, Magda?« 

Tante Magda hatte dem Wein bereits ausgiebig zugesprochen. Ihr riesiges Gesicht war puterrot. 

»Aber nur ein winziges, bitte«, kicherte sie. »Noch ein wenig - und noch ein bisschen - so ist es fein.« 

Dudley verspeiste sein viertes Stück Torte. Tante Petunia schlürfte mit abgespreiztem kleinem Finger an ihrem Kaffee. Harry wollte sich eigentlich in sein Zimmer verziehen, doch als er in Onkel Vernons zornige kleine Augen blickte, wusste er, dass er es aussitzen musste. 

»Aah«, sagte Tante Magda, stellte das leere Glas auf den Tisch und leckte sich die Lippen. »Ausgezeichneter Schmaus, Petunia. Normalerweise wärm ich mir abends nur was auf, wo ich mich doch um zwölf Hunde kümmern muss « 

Sie rülpste herzhaft und tätschelte ihren runden tweedbedeckten Bauch. »Verzeihung. Aber ich für meinen Teil sehe gern einen Jungen, der gut beieinander ist«, fuhr sie fort und zwinkerte Dudley zu. »Du wirst sicher mal ein stattlicher Mann, Dudders, wie dein Vater. Ja, danke, Vernon, noch ein winziges Schlückchen Kognak « 

»Aber der da -« Sie ruckte mit dem Kopf in Richtung Harry, dessen Magen sich verkrampfte.

Das Handbuch, dachte er rasch. 

»Der da hat ein fieses, zwergenhaftes Aussehen. Das sieht man auch bei Hunden. Letztes Jahr hab ich Oberst Stumper einen ertränken lassen. Rattiges kleines Ding. Schwach. Unterzüchtet. « 

Harry versuchte sich Seite zwölf seines Buches in Erinnerung zu rufen: Ein Zauber zur Kur renitenter Rückwärtsgänger.

 »Alles eine Frage des Blutes, sag ich immer. Schlechtes Blut zeigt sich einfach. Nun, ich will nichts gegen eure Familie sagen, Petunia -«, sie tätschelte Tante Petunias Hand mit ihrer eigenen schaufelgroßen, »- aber deine Schwester war ein faules Ei. Kommt in den besten Familien vor. Dann ist sie mit diesem Taugenichts abgehauen und was dabei herauskam, sitzt hier vor uns.« 

Harry starrte auf seinen Teller, ein merkwürdiges Klingeln in den Ohren. Packen Sie Ihren Besen fest am Schweif, dachte er. Doch er wusste nicht mehr, was dann kam. Tante Magda schien in ihn hineinzubohren wie einer von Onkel Vernons Bohrern. 

»Dieser Potter«, sagte Tante Magda laut, griff sich die Flasche und schüttete Kognak in ihr Glas und auf das Tischtuch, »ihr habt mir nie gesagt, was er beruflich gemacht hat!« 

Onkel Vernon und Tante Petunia schienen auf glühenden Kohlen zu sitzen. Sogar Dudley hatte den Blick von der Torte erhoben und starrte seine Eltern an. 

»Er - er hat nicht gearbeitet«, sagte Onkel Vernon und warf Harry einen kurzen Blick zu. »War arbeitslos.« 

»Das hab ich mir gedacht!«, sagte Tante Magda, nahm einen gewaltigen Schluck Kognak und wischte sich mit dem Ärmel das Kinn. »Ein fauler Rumtreiber, der -« 

»War er nicht«, sagte Harry plötzlich. 

Am Tisch trat jähe Stille ein. Harry zitterte am ganzen Körper. Noch nie war er so zornig gewesen. 

»Noch Kognak!«, schrie Onkel Vernon, der käseweiß geworden war. Er schüttete den Rest der Flasche in Tante Magdas Glas. 

»Und du, Bursche«, fauchte er Harry an, »du gehst zu Bett, verschwinde -« 

»Nein, Vernon«, hickste Tante Magda mit erhobener Hand, während sie ihre kleinen, blutunterlaufenen Augen fest auf Harry richtete. »Sprich weiter, Bürschchen, nur weiter. Stolz auf deine Eltern, nicht wahr? Da gehen die doch einfach hin und fahren sich zu Tode - betrunken, nehm ich an -« 

»Sie sind nicht bei einem Autounfall gestorben!«, sagte Harry, der plötzlich auf den Füßen stand. 

»Sind sie sehr wohl, du frecher kleiner Lügner, und sie haben dich zurückgelassen als Last für ihre anständigen, hart arbeitenden Verwandten!«, schrie Tante Magda und schwoll vor Zorn an. »Du bist ein unverschämter, undankbarer kleiner -« 

Doch Tante Magda verstummte plötzlich. Einen Moment lang sah es so aus, als fehlten ihr die Worte. Sie schien vor unsäglicher Wut anzuschwellen - doch es nahm kein Ende. Ihr großes rotes Gesicht dehnte sich aus, die winzigen Augen traten hervor und der Mund war so fest gespannt, dass sie nicht mehr sprechen konnte - und jetzt rissen einige Knöpfe von ihrer Tweedjacke und flogen gegen die Wände - sie schwoll an wie ein monströser Ballon, ihr Bauch platzte jetzt durch ihren Tweedbund, jeder einzelne Finger blähte sich zu Salamigröße auf - 

»Magda«, schrien Onkel Vernon und Tante Petunia wie aus einem Munde, als Tante Magdas ganzer Körper vom Stuhl abhob. Sie war jetzt kugelrund wie ein riesiger Wasserball mit Schweinchenaugen, Hände und Füße stachen merkwürdig ab, während sie unter Würgen und Puffen in die Höhe schwebte. Ripper kam ins Zimmer gewatschelt und fing an wie verrückt zu bellen. 

»Neeeeeeeiiin!«

Onkel Vernon packte Magda an einem Fuß und versuchte sie herunterzuziehen, doch er selbst hob beinahe vom Boden ab. Im nächsten Augenblick machte Ripper einen Satz und versenkte die Zähne in Onkel Vernons Bein. 

Harry verschwand aus dem Esszimmer, bevor ihn jemand aufhalten konnte, und rannte zum Schrank unter der Treppe. Die Schranktür sprang von Zauberhand auf, als er sich näherte. Im Handumdrehen hatte er seinen großen Reisekoffer zur Haustür geschleift. Er sprintete die Treppe hoch, hechtete unter das Bett, riss das lose Dielenbrett heraus und griff sich den Kissenüberzug mit seinen Büchern und Geschenken. Er kroch unter dem Bett hervor, packte Hedwigs leeren Käfig und stürzte die Treppe hinunter zu seinem Koffer, gerade als Onkel Vernon, die Hose in blutige Fetzen gerissen, aus dem Esszimmer platzte.

 »Komm zurück!«, bellte er, »komm rein und bring sie wieder in Ordnung!« 

Doch Harry hatte ein rücksichtsloser Zorn überwältigt. Er stieß den Kofferdeckel auf, zog seinen Zauberstab heraus und richtete ihn auf Onkel Vernon. 

»Sie hat es verdient«, sagte er nach Atem ringend, »sie hat verdient, was sie bekommen hat. Und du bleibst mir vom Hals.« 

Er langte hinter sich und fummelte an der Türkette. 

»Ich gehe«, sagte Harry. »Mir reicht s.« 

Und schon war er draußen auf der dunklen, stillen Straße, den Koffer hinter sich herziehend und Hedwigs Käfig unter dem Arm.



Diese Webseite wurde kostenlos mit Homepage-Baukasten.de erstellt. Willst du auch eine eigene Webseite?
Gratis anmelden